Elizabeth Graver: Die Sommer der Porters

Mehr als ein Sommerhaus

Vordergründig stehen im Debütroman von Elizabeth Graver Die Sommer der Porters zwei Mitglieder der Familie Porter und eine Angestellte im Mittelpunkt, doch das eigentliche Zentrum ist die (fiktive) Halbinsel Ashaunt vor der Küste von Massachusetts. Dort verbringt die Familie über Jahrzehnte die Sommer, dort entscheiden sich Zukunftsfragen und wird Atem geholt, wenn eine Lebenssituation ausweglos scheint.

Ein Teil der Spannung dieses Romans lag für mich bereits in der Frage, wer wohl in den einzelnen Kapiteln im Mittelpunkt stehen würde. Daraus ergab sich auch jeweils ein anderer Erzählstil, vom allwissenden Erzähler bis zu sehr persönlichen Tagebucheinträgen und Briefen, was der Autorin besonders gut gelungen ist. Auch die ab und zu eingestreuten Ausblicke in die Zukunft haben mir als selten genutztes Stilmittel gut gefallen. Schön fand ich außerdem, dass mit dem Kindermädchen Bea eine Angestellte den Reigen der Hauptpersonen eröffnet, aus Schottland eingewandert und im Laufe der Zeit fast mehr Familienmitglied und Freundin. Ihre Zukunft entscheidet sich im Sommer 1942, als die Familie Porter entgegen vieler Nachbarn Ashaunt trotz des dort stationierten Militärs nicht meidet und Bea einen Verehrer unter den Soldaten findet. Aber möchte sie ihr sicheres Leben bei den Porters, wo sie eine Familie, Geborgenheit und ihren geliebten Schützling Janie gefunden hat, dieser vielleicht letzten Chance auf eine eigene Familie opfern?

Im Mittelpunkt der weiteren drei Kapitel stehen eine Tochter der Porters und ein Enkel. Die Tochter hat nach dem Krieg in der Schweiz studiert, von dort ihren Mann mitgebracht und steht im dauernden Zwiespalt zwischen einer wissenschaftlichen Karriere und der sich ständig vergrößernden Familie. Wie für sie ist auch für ihren Sohn, der den Ansprüchen seiner Mutter nie gerecht werden kann und der nach einem LSD-Rausch unter Panikattacken leidet, Ashaunt der Rückzugsort und Kraftspender. Gelungen ist auch das Ende, das weder zu traurig noch Happy End ist, aber zum Roman und seinen Protagonisten passt.

Die Handlung dieses Familienromans wird nicht von Spannung oder Höhepunkten getragen, sondern von den Momentaufnahmen seiner zentralen Figuren und den Naturbeschreibungen. Im Hintergrund läuft die Geschichte der USA von 1942 bis 1999 ab und macht nicht vor der Familie, aber auch nicht vor Ashaunt halt, denn auch dort sind Veränderungen nicht aufzuhalten.

Mir hat dieser amerikanische Familienroman, der mich von der Grundidee, nicht aber von der Ausführung, an Sommer in Maine von Courtney O’Sullivan erinnert hat, insgesamt gefallen, obwohl es kein Lieblingsbuch wurde. Sehr hilfreich wäre ein Stammbaum gewesen, denn die Enkelgeneration war für mich unübersichtlich und durch die punktuelle Erzählweise bisweilen verwirrend. Außerdem hätte mich auch das Leben einiger anderer Familienmitglieder sehr interessiert, die leider völlig im Hintergrund bleiben. Trotzdem kann ich die Lektüre dieses Buches aus dem für mich immer sehr interessanten mare-Programm empfehlen.

Elizabeth Graver: Die Sommer der Porters. mare 2016
www.mare.de

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